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Thema: Tätersprache konsequent überwinden (http://enthinderung.de/topic.php?id=82)


Geschrieben von: 55555 am: 28.02.12, 13:37:01
Immer wieder stelle ich fest, daß wir Behinderte selbst, vermutlich aus Gewohnheit, Tätersprache verwenden und sogar andere Behinderte darin korrigieren, wenn sie Diskriminierung konsequent als das darstellen, was sie ist.

Menschlich ist dieser Vorgang sehr verständlich, denn die Mehrheitsgesellschaft baut bis heute darauf, daß ihre moralischen Verbrechen als solche unerkannt bleiben aufgrund von Verschleierungsaktionen. Diese Täterperspektive wird in einer solch breiten Weise in immer wiederkehrenden Wiederholungen verbeitet, daß wohl auch unter uns ersteinmal eine Reflektion dieser Verhältnisse stattfinden muß, um unsere Interessen auf solider und realistischer Grundlage vertreten zu können.

Schwierig wird es dann, wenn Behinderte in einer Art Stockholm-Syndrom-Symtomatik selbst an dieser Täterperspektive festhalten und sie aktiv verteidigen. Letztlich wird man dieses Problem nie in Übergangsgenerationen völlig lösen können, so wie auch nie alle Sklaven nach Abschaffung der Sklaverei die Freiheit wollten. Die Frage wäre also, wie wir Tätersprache (z.B. Begriffe wie "Menschen mit Beeinträchtigungen" aber auch besonders Annahmen über Ursache und Wirkung) möglichst gut in unserer Interessenvertretung überwinden können.