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Geschrieben von: 55555 am: 14.04.14, 12:05:45
Die Grundlogik der pränatalen Selektion ist dieselbe wie hierzulande, nur daß man die Konstruiertheit im Rahmen der eigenen Kultur weniger wahrnimmt:
Zitat:
Sonias Schwiegermutter, die ihr die Schuld am Geschlecht ihrer Kinder gibt, hat angekündigt, ihr das Leben zur Hölle machen, sollte sie wieder ein Mädchen zur Welt bringen. Dabei ist es neben der Natur vor allem ihre Armut, die Sonia zur Mutter lauter Mädchen und somit zur Rarität in ihrem Dorf hat werden lassen.

Ihre wohlhabenderen Nachbarinnen haben kaum Töchter. Sie konnten es sich leisten, einen Arzt zu bestechen, damit dieser während der Schwangerschaft illegalerweise per Ultraschall das Geschlecht des Fötus ermittelt. Schwangerschaften mit Mädchen wurden abgebrochen. Sonia sagt: "Ich hätte meine Töchter auch gern abgetrieben."

Sonia lebt im indischen Bundesstaat Haryana, im Dörfchen Bahrana. Eingeschossige Ziegelbauten lehnen sich in dessen schattige Gassen, die gerade breit genug sind für die schwarzen Büffel, die den Bauern Milch und Käse sowie Kuhfladen für ihre Herdfeuer liefern.

[...]

Rakesch Garg ist einer der Ärzte, dessen Ultraschall-Gerät per SMS an das Gesundheitsamt in der Kreisstadt Jhajjar meldet, wenn es in Betrieb ist. Der Mediziner hält die Maßnahme für Quatsch: "Die Überwachung ist Aktionismus und wird die Abtreibungen nicht stoppen", sagt Garg, der mit seiner Frau eine Praxis für Gynäkologie und Orthopädie betreibt. Die Operationen zum Schwangerschaftsabbruch würden nicht von niedergelassenen Ärzten vorgenommen, sondern von Quacksalbern, die sich auf das Geschäft mit der Verzweiflung der werdenden Mütter spezialisiert hätten. "Deren Geräte sind natürlich nicht registriert", sagt Garg.

Moderne Ultraschallgeräte sind heute nur noch so groß wie Smartphones. Solche Modelle werden im großen Stil aus China nach Indien geschmuggelt. 42 solcher Apparate hat die Polizei in Haryana allein im Februar beschlagnahmt, drei Abtreibungsärzte wurden verhaftet. "Der Flut von billigen Geräten wird man nicht Herr werden", sagt Garg, der sich Sorgen wegen der langfristigen sozialen Folgen des Mädchenmangels in Indien macht.

Quelle