Ein Beispiel dafür, wie gut gemeinte Exklusion durch "fürsorgliche Angehörige" heute existierende Probleme erst geschaffen hatte. Und genau diese Organisationen sollen heute an vorderster Front Inklusion umsetzen ohne auch nur ansatzweise diskriminierungsfreie Ansichten in den eigenen Reihen umzusetzen - wie auch wenn die Masse der Mitglieder ideologisch gesehen diskriminierungefreien Umgang selbst gar nicht mitträgt.
Zitat:
Es gab Epochen in der deutschen Sportgeschichte, in denen die damals noch so genannten „Versehrtensportler“, die Väter des Behindertensports, ganz selbstverständlich und ohne Aufsehen an regulären deutschen Meisterschaften der Fachverbände des deutschen Sports teilgenommen haben. Und sie kamen auch zu Meisterehren. Dies geschah ausgerechnet in den heute als konservativ und unbeweglich geschmähten späten vierziger und fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals ging es auch nicht anders.
Denn da es bis 1951 nur wenige Versehrtensportvereine und schon gar keinen Deutschen Behinderten- oder Versehrtensportverband gab, der Meisterschaften im Versehrtensport offiziell organisieren und austragen konnte, und die damaligen Versehrtensportler ja irgendwo starten mussten und wollten, sind sie ganz einfach und ganz normal über ihre regionalen Sportvereine und Sportfachverbände bei den regulären deutschen Meisterschaften gestartet. Sie hatten zwar keine Sportprothesen, aber die 100 Meter oder die 10.000 Meter konnte man, so die damalige Meinung, auch mit einem Arm oder als „Ohnhänder“ rennen.
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1947 wurde der oberschenkelamputierte Wasserballer Fritz Gunst mit dem Team seines Hannoverschen Sportvereins (inoffizieller) deutscher Meister. Gunst war 1932 und 1936 Mannschaftsolympiasieger im Wasserball geworden.
Es gibt Zeitzeugen, die behaupten, er sei noch mit einem Bein etlichen anderen Wasserballern mit zwei Beinen überlegen gewesen. 1947 nahm der Langstreckenläufer Horst Kretzschmar als „Ohnhänder“ an den deutschen Zonenmeisterschaften in Köln über 10.000 Meter teil; 1935 hatte er auf Rang zehn der deutschen Rangliste im Langstreckenlauf gelegen. Der schon in den dreißiger Jahren erfolgreiche Geher Wilhelm Kneiffel wurde 1949 mit Eintracht Braunschweig - trotz eines Stecksplitters im Oberschenkel - deutscher Mannschaftsmeister über 30 Kilometer, 1952 noch einmal Mannschaftsdritter.
Und 1955 spielte der nach einem Unfall armamputierte Stuttgarter Fußballer Robert Schlienz mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Irland, es folgten zwei weitere Einsätze. Bis 1960 bestritt er für den VfB Stuttgart 391 Spiele. Und das alles nicht nur als „Versehrter“ unter Sportlern ohne Behinderung, sondern auch in einem für Sportler schon fortgeschrittenen Alter. Zum Karriereende war er 36 Jahre alt.