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(Standard)

Wie sich die Dinge heute und gestern im Kern gleichen, ist immer wieder erstaunlich:
Zitat:
Wie viel haben die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs über die Vernichtung der Juden gewusst?

[Nicholas Stargardt:] Eigentlich sehr viel. Denn die Angehörigen zu Hause bekamen von den Soldaten immer wieder Berichte von der Ostfront über Massenerschießungen durch die Einsatzgruppen hinter der Front oder auch durch die Wehrmacht selbst. Das Wissen über Vernichtungslager kam dagegen viel später und viel langsamer.

Wie genau drangen die Nachrichten von den Erschießungen nach Deutschland?

Viele Soldaten haben das nach Hause geschrieben, und manche hatten sogar Fotos von den Massakern aufgenommen. Sie konnten die Filme aber nicht selbst entwickeln, sondern mussten sie ihren Angehörigen schicken. Dort gingen sie durch verschiedene Hände: die des Laboranten in der Drogerie, dann die von Familienangehörigen.

Was haben die Angehörigen sich bei solchen Fotos und Berichten gedacht?

Sie nahmen die Massaker als Teil eines sehr brutalen Krieges wahr, in dem Dörfer niedergebrannt und Partisanen aufgehängt wurden. Sie merkten, dass das kein normaler Krieg war. Viele haben versucht, sich das in der Familie oder im Freundeskreis zu erklären.

Blieb alles im Familienkreis?

Nein. Es kam zu einer Flut von Fragen an die Partei. Reichsminister Martin Bormann gab den Parteiführern die Anweisung, den Deutschen zu sagen: „Ja, wir machen das, weil es notwendig ist.“ Er hat die Massenerschießungen nicht geleugnet, sondern sie in gewisser Weise legitimiert und begründet.

Gab es keine strikte Vertuschung?

Im Herbst 1941 wurde die Ausrottung der Juden von diversen Instanzen ziemlich öffentlich zugegeben. Propagandaminister Joseph Goebbels versuchte mit der Einführung des Judensterns im Herbst 1941 die Volksgenossen für die Vernichtungspolitik zu gewinnen. Er war ziemlich wütend, dass viele Berliner den Stern und die damit verbundenen Repressionen am Anfang häufig ablehnten.

Wie reagierte der Propagandaminister?

Während des Höhepunktes des Holocausts, also 1942, hat Goebbels eine viel leisere Propagandapolitik verfolgt. Er ließ die Geschehnisse in der Presse nur andeuten. So entstand in der Bevölkerung ein Gefühl des Wissens, ohne dass man es genau wusste.

Gab es in der Bevölkerung eine Ahnung davon, dass im Osten ungeheure Dinge passierten?

Oh ja. Ende 1941 begannen die Deportationen von Juden aus Deutschland. Das war ein öffentlicher Vorgang mit Augenzeugen. Es gibt sogar viele Fotografien, manche wurden öffentlich ausgehängt. Schnell kamen auch Nachrichten ins Reich, wohin die Juden transportiert worden waren und wie mörderisch sie etwa in Minsk oder Riga behandelt wurden.

[...]

Viele sagten: Wir bekommen jetzt zurückgezahlt, was wir den Juden angetan haben. Wenn wir nicht so radikal gegen sie vorgegangen wären, wären wir nicht so brutal bombardiert worden. Die Bombardierten sahen sich als hilflose Opfer der deutschen Judenpolitik. Goebbels hat diesen Diskurs bald wieder unterbunden.

Gelang das?

Das Regime konnte das Thema Judenvernichtung nicht wieder aus den Köpfen der Volksgenossen verbannen. Es gab eine weit verbreitete Meinung: Die Ausrottung der Juden steht auf unserem Konto, die Bombardierungen der Städte auf dem der Alliierten, beides Beispiele einer unmoralischen Kriegsführung. Die Anerkennung der eigenen Schuld war freilich damit verbunden, dass die deutsche Bevölkerung sich ebenfalls als Opfer sah.

Machten die Deutschen tatsächlich die Juden für den Krieg verantwortlich?

Ja, das hat die deutsche Propaganda dem Volk tatsächlich eingeredet. Man hat in Deutschland an die jüdische Weltverschwörung geglaubt. Deshalb fällt es uns heute so schwer, das damalige Denken und Fühlen zu verstehen. Den „jüdischen Bolschewismus“ empfanden die Deutschen als etwas derartig Extremes, dass die meisten glaubten, er müsse vernichtet werden. Ansonsten vernichte er sie. Deshalb haben die Deutschen bis zum totalen Zusammenbruch gekämpft.

Quelle

Ein deutsches Sprichwort sagt: "Unter den Blinden ist der Einäugige König!" Aber dieses Sprichwort stimmt nicht: "Unter den Blinden kommt der Einäugige ins Irrenhaus!"

Heinz von Foerster
26.09.15, 13:29:52
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Autist

(Standard)

Während man früher an die jüdische Weltverschwörung glaubte, glaubt man heute daran, daß Behinderung eine Personeneigenschaft sei und die Gesundheit der Angehörigen bedrohe.
26.09.15, 15:38:58
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